Jubiläumsfeier 725 Jahre Yach

Prof. Dr. Heiko Haumann - Bild: Nikolaus Bayer 

YACH

Eine gelungene 725-Jahr-Feier fand unter großer Teilnahme der Bevölkerung, vielen geladenen Gästen, darunter Bundestagsabgeordneter Peter Weiß, Landtagsabgeordneter Alexander Schoch, Landrat Hanno Hurth, Festredner Prof. Dr. Heiko Haumann, Bürgermeister Roland Tibi und Ortsvorsteher Josef Wernet, statt.
Der Gottesdienst wurde feierlich mitgestaltet vom Musikverein Yach und dem Kirchenchor St. Wendelin.

Anschließend traf man sich zum großen Empfang im Bernhardussaal zu einem Filmvortrag, weiteren guten Gesprächen und natürlich kulinarischen Köstlichkeiten für alle Gäste.

Rede von Prof. Dr. Heiko Haumann anlässlich der 725-Jahrfeier in Yach

Mit dem heutigen feierlichen Konzert neigt sich das Jubiläumsjahr seinem Ende zu. Es hat wieder gezeigt, dass Yach ein besonderer Ort ist. Im Einvernehmen der Vereine und aktiven Gruppierungen, des Ortschaftsrates und des Ortsvorstehers wurde eine Form für das Jubiläum gewählt, die den Zusammenhalt der Yacher Bevölkerung zum Ausdruck brachte: Schöne Konzerte von Kirchenchor und Musikverein waren herausragende Veranstaltungen – heute erleben wir sie noch einmal zusammen –, eine gemeinsame Jubiläums-CD ist von bleibendem Wert, einen Film über Yach heute werden wir nachher sehen, eine Ausstellung des Heimat- und Landschaftspflegevereins über „Yach im Mittelalter“ hat weithin Beachtung gefunden. Lassen Sie mich zu dieser Ausstellung noch ein paar Worte sagen.

Mit der Wahl des Themas wollten wir bewusst eine Zeit darstellen, über die wir bisher wenig wussten und die bei der 700-Jahr-Feier 1993 nur gestreift werden konnte, aber auf der die Traditionen aufbauten, die in dem großartigen Umzug gezeigt und die vom Chronisten der Yacher Geschichte, unserem Ehrenbürger Josef Weber, in seiner damaligen Festansprache in den Mittelpunkt gestellt wurden. Wie hat alles in unserem Tal begonnen? Wie ist unser Dorf entstanden? Woher stammt unser Ortsname? Was hat diese Frühzeit mit uns heute zu tun? Obwohl nach wie vor vieles im Dunkeln bleibt, hat unsere Ausstellung – die wir auch in einem Buch dokumentieren werden – interessante Ergebnisse hervorgebracht. Ich deute nur einige wenige an.

Wir wissen nun, dass das obere Elztal und wohl auch Yach schon vor der Waldkircher Klostergründung von 918 erschlossen und teilweise auch besiedelt war. Wir haben die Menschen etwas besser kennengelernt, die Yach aufgebaut haben. Wir wissen auch, welche Alternativen es zur Herleitung unseres Ortsnamens gibt. Genauer als vorher können wir uns jetzt vorstellen, wie sich aus einigen Einzelhöfen ein Dorf entwickelt hat. Es bestand sicher vor 1293, Yach ist älter als 725 Jahre, aber wir besitzen bis jetzt nur die Urkunde von 1293, die das Dorf ausdrücklich erwähnt, müssen demnach bis zu neuen Funden bei diesem Jubiläumsjahr bleiben. Ein Dorf musste nach damaligem Rechtsverständnis ein zusammengewachsenes Siedlungsgebiet darstellen und eine Selbstverwaltung haben. Eigentlich gehörte auch eine Kirche dazu. Warum das in Yach nicht der Fall war, warum die Yacher und auch die Rohrhardsberger, die damals zum Verwaltungsbezirk, zum Meiertum Yach gehörten, nach Elzach in die Kirche gehen mussten, bedarf weiterer Forschung – ebenso, was das für die Beziehungen zwischen Yachern und Elzachern bedeutete.

Genauer Bescheid wissen wir nun über die Wegeverbindungen Richtung Rohrhardsberg und Schonach, über die Burgen in Yach, über die Rechte und Pflichten der Bewohnerinnen und Bewohner während der Herrschaft des Waldkircher Klosters und seiner Schirmvögte, über die Entwicklung von Landwirtschaft und Handwerk, über viele Bereiche des Alltagslebens. Ich will das hier nicht im Einzelnen ausbreiten. Aber zu all den Ergebnissen, die wir zusammengetragen haben, lassen sich einige grundsätzliche Überlegungen anfügen.

Die Welt der Frühzeit und des Mittelalters ging nach unserem heutigen Verständnis mit der Erfindung des Buchdrucks, der Entdeckung Amerikas, der Reformation und dem großen Bauernkrieg zu Ende – also um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. Diese Welt ist uns in vielerlei Weise fremd: wie man lebte und arbeitete, wie man dachte und glaubte, unter welchen Bedingungen man auskommen musste. Und doch ist sie uns auch ganz nah, schauen wir genauer hin. Das macht diese Welt so faszinierend. Erhalten haben sich manche Formen der Frömmigkeit, von Wallfahrten über kirchliche Feiertage bis hin zu bestimmten Glaubensvorstellungen. Und weiter: Aus der Gerichtsverfassung, die hier im Tal herrschte, entstand zusammen mit den überregionalen Rechtssystemen, den Landfriedensbewegungen und dem späteren römischen Recht nach und nach unsere heutige Rechtsordnung.

Noch augenfälliger sind die Bezüge in Landwirtschaft und Handwerk. Kennzeichnend für das Mittelalter waren beispielsweise die Durchsetzung der Dreifelderwirtschaft und die Entwicklung oder Verfeinerung der Geräte, die verwendet wurden: der Wendepflug, die Sense und die Sichel, der Blasebalg und die Schmiedewerkzeuge, die vielfältigen Geräte zum Spinnen und Weben und so weiter. Ohne Übertreibung können wir sagen: vom Mittelalter bis nach dem Zweiten Weltkrieg, bis zu den 1950er-Jahren haben sich die agrarischen und handwerklichen Tätigkeiten grundsätzlich nicht gewandelt, lediglich im Detail gab es Änderungen. Umso dramatischer gestalteten sich dann die Umbrüche: die Maschinisierung der Landwirtschaft und die Konzentration des Gewerbes, verbunden mit der Abwanderung vieler Menschen und Schließung vieler Geschäfte. Um nicht missverstanden zu werden: selbstverständlich beeinflussen auch andere geschichtliche Perioden unser Leben in Yach, etwa die Übergänge der Herrschaft an Habsburg und Vorderösterreich sowie später an Baden, die Industrialisierung, die zahlreichen Kriege – namentlich im 20. Jahrhundert –, die Revolutionen von 1848 und 1918 oder die Zeit des Nationalsozialismus, um nur diese Stichworte zu nennen. Aber es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass wir heute auch auf längerfristigen Grundlagen aufbauen. Wir sollten uns mit dem Mittelalter beschäftigen, um uns klarzumachen, was diese Vergangenheit für uns heute bedeutet. Entziehen können wir uns ihr nicht.

Zu den damaligen praktischen Erfahrungen der Menschen in Yach – und gewiss auch andersorts – gehörte es, schonend mit der Natur umzugehen. Man musste roden, um siedeln zu können, man musste das Vieh in die Wälder treiben, damit es genug zu fressen hatte, aber man glich Übernutzungen in der Regel rasch wieder aus. Wer das nicht tat, an dem rächte sich die Natur. Man jagte – anders als später die adligen Herrschaften – nur so viel, wie man brauchte. Man verstand sich als Teil des Kreislaufes der Natur und lebte im Einklang mit ihr. Dahinter stand die Vorstellung, dass Gott den Menschen die Natur nicht zur Ausbeutung, sondern zur Sorge und zum Schutz übergeben habe – wie es in der biblischen Geschichte von der Arche Noah zum Ausdruck kommt, von der wir gleich musikalisch noch hören werden: Noah sollte Menschen und Tiere vor dem göttlichen Strafgericht, vor der Sintflut retten, und nicht die Tiere opfern, um nur die Menschen zu schützen. Im Mittelalter war noch das Denken weitverbreitet, dass wieder eine Zeit kommen werde, in der die Menschen mit den Tieren und der ganzen Natur in Frieden leben würden, und dass man mit seinem Handeln diese Zeit, diesen Frieden anstreben müsse. Nicht zufällig war Hieronymus, einer der vier Kirchenväter, im Mittelalter ein besonders beliebter Heiliger. Nach der Legende lebte er friedlich mit Löwe, Esel, Schaf und Widder zusammen. Ein anderes Beispiel bieten die Legenden um den heiligen Franz von Assisi, der nicht nur den Vögeln und anderen Tieren predigte, sondern auch einen Vertrag mit dem Wolf schloss, dass dieser nicht mehr die Herden der Bauern anfiel und dafür von diesen regelmäßig Futter erhielt.

Die Yacher Frauen und Männer schufen die Grundlagen unseres Lebens heute, und sie schufen auch die Kulturlandschaft, wie wir sie heute kennen. Und diese Kulturlandschaft wurde durch all die Jahrhunderte bis in die heutige Zeit gestaltet, gepflegt und bewahrt, mit Widerstand gegen die Eingriffe der Adligen, mit Widerstand gegen die Abholzungen zugunsten der Industrie oder für andere, „von oben“ angeordnete Zwecke. Diese Landschaft prägte die Identität der Yacher – der wenigen, die die Besiedlung des Tales begannen und ihr Erbe weitergaben, ebenso wie der vielen, die im Laufe der Zeit von anderswo hinzukamen. Nicht zufällig wurde in der kleinen Umfrage, die unser Arbeitskreis Kultur anlässlich des Yacher Symposiums von 2016 durchgeführt hat, auf die Frage, was denn ganz persönlich „Heimat“ bedeute, neben der Familie die hiesige Landschaft genannt.

In unseren Jahrzehnten stehen wir erneut vor bedeutsamen Veränderungen und Umwälzungen. Die große Politik wirft auch auf Yach ihre Schatten. In den vergangenen 25 Jahren, seit der 700-Jahr-Feier 1993, hat unser Dorf viele Verluste hinnehmen müssen. Es gibt keine Lebensmittelgeschäfte mehr, keine Bank, keine Post, mehrere Gaststätten haben aufgegeben, eine eigene Pfarrei – dies schon etwas früher – konnte nicht erhalten werden, zuletzt wurde die Grundschule – zumindest vorübergehend – geschlossen. Viele Handwerksbetriebe sind verschwunden, zahlreiche Vollerwerbshöfe haben sich in Nebenerwerbsbetriebe verwandelt, einige Bauernhöfe wurden ganz aufgegeben, die Sozialstruktur Yachs hat sich grundlegend gewandelt. Dennoch ist keine allgemeine Resignation spürbar. Mit zwei Zukunftswerkstätten haben wir Gegenpflöcke eingeschlagen. Gewiss konnten bis jetzt nicht alle Wünsche umgesetzt werden. Aber: vielfältige kulturelle Veranstaltungen vom Dorfkino bis zu Lesungen und Musikveranstaltungen, das „lebendige Heimatmuseum“ und mehrere Ausstellungen, die Selbstvermarktung einiger Bauernhöfe, der Adventsmarkt, der verschönerte Spielplatz, das Wanderwegekonzept oder manche Verbesserungen der Infrastruktur haben den Ort neu belebt. Der seit langem gewünschte Geh- und Radweg zwischen Elzach und Yach nähert sich allmählich der Vollendung. Die Idee eines neuen Dorfladens ist noch nicht völlig aufgegeben. Auch wenn die Vereinslandschaft durch die Auflösung der Oberelztäler Wanderfreunde ärmer geworden ist, sind die Vereine nach wie vor die Basis des Dorflebens: die Sportfreunde Elzach-Yach und die Landjugend mit ihren vielfältigen Aktivitäten, der Kirchenchor und der Musikverein mit ihren eindrucksvollen kulturellen Veranstaltungen, der Heimat- und Landschaftspflegeverein mit seiner Unterstützung der Landwirtschaft sowie der Förderung von Brauchtum und geschichtlicher Forschung. Die inzwischen sechs Yacher Symposien haben überregional die Verbindung von Landwirtschaft und Naturschutz deutlich gemacht, die Natur- und Landschaftsschutzgebiete sind ein Ausdruck des Willens, die gewachsene Kulturlandschaft rund um Yach zu bewahren. Für die Offenhaltung der Landschaft und die Landschaftspflege wird inzwischen nachhaltig gesorgt. Das Geißenfest ist eine sichtbare Bestätigung, dafür einzustehen. Auf diesen Wegen wollen wir weitergehen.

Das Jubiläumsjahr hat gezeigt, wie Yach, das Dorf am Rohrhardsberg, in einmaliger Weise lebt. Wenn wir weiterhin ein Ort bleiben wollen, in dem wir uns wohl fühlen und dessen Weiterentwicklung wir selbst gestalten, sollten wir uns bewusst werden und bewusst bleiben, auf welchen Grundlagen wir aufbauen – auf den Grundlagen, die Generationen vor uns geschaffen haben, in der jüngsten Vergangenheit ebenso wie im Mittelalter. Diese Erinnerung gibt uns Orientierung für unser Handeln, und sie macht Mut, auch vor großen Herausforderungen nicht aufzugeben.

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